Ein ausgesprochen komplexes Jahr geht seinem Ende entgegen. Für viele von uns, so auch für mich, war 2022 ein Jahr des nicht erwarteten Umbruches. Viele Menschen aus dem Agri-Business, die früher auch im Geschäft mit der Russischen Föderation tätig waren, spürten schon im Januar eine große Sorge angesichts der russischen Truppenaufmärsche an den Grenzen zur Ukraine. In meiner damaligen Rolle als Co-Vorsitzender der German Agribusiness Alliance und damit verbunden als der Russland-Sprecher der deutschen Agrarwirtschaft fühlte ich mich extrem unwohl. Man konnte es dann erst nicht glauben: Putin gibt am 24. Februar den Angriffsbefehl und leitet einen nie erwarteten Bruch der Menschenrechte und der Weltordnung ein. Ich brauchte drei Wochen, um mir klarzumachen, dass diese Entwicklung für mich große Folgen haben muss. Auch, wenn dieser Umbruch mit den Schicksalen meiner ukrainischen Freunde nicht vergleichbar ist, ist ein wesentliches Standbein meines Berufes und meiner Expertise weggebrochen. Mit Russland unter Putin werde ich mich nicht mehr für die agrarwirtschaftliche Zusammenarbeit engagieren. Mein Rücktritt aus den Ehrenämtern und der Rückzug aus der German Seed Alliance GmbH im März waren für mich zwingend notwendig! Ich denke an die vielen Manager und Unternehmer der Agrar-Branche, die manchmal „unter dem Radar“ aber legal und aus Verantwortung für Mitarbeitende in Russland und für privates eingesetztes Kapital weiter geschäftlich tätig sind. Ich weiß von einigen, wie schlecht es ihnen dabei geht… Als „Aussteiger“ kann ich für 2023 von außen nur wünschen, dass es zu einem annehmbaren Frieden kommt und das Sterben und Leiden in der Ukraine aufhört!!
Ab dem Frühjahr hat sich mein Kompass als Freiberufler neu ausgerichtet. Als zertifizierter systemischer Coach habe ich mich weiter fortgebildet. Ich durfte einige Unternehmer und Führungskräfte dabei begleiten ihre eigenen Lösungen für scheinbar unüberwindliche Herausforderungen zu finden. Doch in der mittelständischen Agrarbranche ist Business-Coaching als personenzentrierte Unterstützung zur wirklichen Selbstreflexion noch nicht so etabliert. Der/die bodenständige Agrar-Unternehmer:in sucht die Lösung lieber in den Fakten und in der Sache, als bei sich selbst… Gerne hätte ich mehr Klient:innen betreut. Herzlichen Dank an meine Coaching-Klienten für Ihre Offenheit und Ehrlichkeit mit sich selbst! Für 2023 nehme ich mir vor noch mehr zu verdeutlichen, welchen nachhaltigen Wert es hat, sich als Inhaber:in und Entscheidungsträger mit seiner eigenen Person als Teil der Herausforderungen des Unternehmens zu beschäftigen. Dazu bin ich Mitbegründer eines neuen Netzwerkes von Coaches, was Anfang des nächsten Jahres an den Start geht. Demnächst mehr dazu…
Erfreulicherweise durfte ich in 2022 mehrere Unternehmen auf Entscheider-Ebene dabei unterstützen ihre Geschäftsstrategie auch wegen der „Zeitenwende“ neu auszurichten. Meine Kompetenz bei der strukturierenden Moderation und Dokumentation auch als Coach, sowie bei der inhaltlichen Begleitung von Strategie-Entwicklungsprozessen wurde gebraucht und wertgeschätzt. Ich bedanke mich bei allen Kunden für das Vertrauen hierbei! Weitere Strategie-Projekte vornehmlich in der Agrar- und Ernährungsbranche sollen folgen.
Zwei Herausforderungen dominierten die Strategie-Entwicklung bei meinen Projekten in diesem Jahr: Der Mangel an Fachkräften und die zunehmenden Forderungen der Gesellschaft zum nachhaltigen Wirtschaften! Mit beiden Themen habe ich begonnen mich sehr intensiv zu beschäftigen. Denn es ist als Berater und Coach auch nicht erfreulich, wenn die durch mich begleiteten Strategie-Entwicklungen nicht aufgehen, weil man die für die Erreichung der Ziele benötigten Fachkräfte nicht findet oder den Zukunftsplänen zusätzliche Nachhaltigkeitsansprüche des Umfeldes im Wege stehen.
Zusammen mit einem HR-Experten als Partner werde ich ein Angebot für die Agrar- und Ernährungsbranche in den Markt bringen, dass gerade Mittelständler unterstützen wird, sich attraktiver im Arbeitsmarkt aufzustellen. Hier ist oftmals eine Veränderung der Unternehmenswerte und ein zielgerichteteres Recruiting gefragt. Nach Abschluss meiner Ausbildung zum zertifizierten ZNU-Nachhaltigkeitsmanager (am Zentrum für nachhaltige Unternehmensführung der Uni Witten/Herdecke) werde ich Unternehmer:innen auch durch weitere Fortbildungen anbieten, Managementwege zu gehen, die kontinuierlich die Firma nachhaltiger machen. Der Weg kann in eine entsprechende Zertifizierung münden.
Aber genug jetzt vom Rückblick 2022 und den Plänen für 2023. Jetzt ist es erst einmal an der Zeit innezuhalten. Ich wünsche Ihnen allen eine besinnliche Weihnachtszeit, die Ihnen und Ihren Lieben die Möglichkeit gibt, sich von dem Alltag zu lösen und sich und die Familie in den Mittelpunkt zu stellen. Kommen Sie gut hinein in das neue Jahr für das ich Ihnen viel Gesundheit, Glück und privaten, wie beruflichen Erfolg wünsche!
Ihr
Torsten Spill